Hermann Broch: Die Schlafwandler
Der Zerfall der Werte und seine bedrohlichen Folgen
– Ein Vortrag –


Über sich selbst meinte Hermann Broch einmal lakonisch: „Würde ich mich mit Pathos behandeln, so würde ich sagen, dass es geradezu ein tragischer Fall ist.“ Obwohl er sogar 1950 für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen wurde, hat er nie einen literarischen Preis erhalten. Trotz vieler renommierter Freunde und deren Anerkennung und winziger Stipendien für seine wissenschaft-lichen Arbeiten im Bereich der Massenpsychologie verbrachte er seine letzten Lebensjahre in kümmerlichsten Verhältnissen. Dennoch arbeitete er unermüd-lich bis zu seinem Tod. Dabei wurde er nach seinen eigenen Worten von einer „wahrhaft metaphysischen Angst des Nicht-fertig-Werdens begleitet“, dem furchtbarsten Fluch, der auf einem lasten kann. Während namhafteste Zeitge-nossen wie Thomas Mann, Hermann Hesse, Albert Einstein, Frank Thiess und Hannah Arendt ihm ihren uneingeschränkten Respekt erwiesen, blieben seine Werke zu seinen Lebzeiten weitgehend unbekannt. Erst nach seinem Tod 1951 begann man ihn als einen der größten deutschsprachigen Dichter zu entdecken. Als seine Hauptwerke gelten die Romantrilogie „Die Schlafwandler“ und „Der Tod des Vergil“.

Leider hat Broch nie ein Tagebuch geführt, weil er gegenüber seiner eige-nen Biographie sich betont gleichgültig verhielt. Er verstand sich als Teil der Problematik seiner Zeit, die er hellwach analysierte und in seinem Werk gestalte-te. Alles Persönliche blieb dem untergeordnet. „Etwas teile ich jedenfalls mit Kafka und Musil: Wir haben alle drei keine eigentliche Biographie; wir haben gelebt und geschrieben, und das ist alles.“

Der Schlafwandler