Essay: Kompakt
Den folgenden Essay habe ich bewußt nur aus der Erinnerung verfaßt, weil ich einmal wissen wollte, wieviel ich aus meiner lebenslangen Auseinan-dersetzung mit der Kunst Kafkas, vor allem mit seinem Prozeß-Roman, für meine eigene Lebensauffassung verinnerlicht habe. Natürlich habe ich den Roman ungezählte Male gelesen, durchdacht und in jeder Oberprima als Lebensperspektive dargeboten. Von seinem tiefgründigen Verständnis bestätigt, gelang es mir, alle Teilstücke des großartigen Entwurfs erstmals sinnvoll zu einem kunstvollen Organismus zusammenzufügen.
Buch: „Der Prozess“
Über 90 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung 1925 kann der weltberühmte Roman >>Der Prozeß<< als folgerichtiges und zielstrebiges Handlungsgeschehen gelesen und verstanden werden. Die innere Logik von Kafkas Bilderwelt erfordert eine Neuordnung der bisherigen Kapitelfolge, weist allen in den Anhang verbannten Teilstücken ihren sinnvollen Platz zu und ermöglicht es, den noch nie berücksichtigten Traum Josef K.s in seine Entwicklung einzubeziehen.
Buch: Die geistige Welt der Roman-Trilogie
Am Beispiel farbig verglaster Kirchenfenster hat Goethe die Doppelgesichtigkeit großer Kunst überzeugend erschlossen: Sieht man vom Markt und seiner Alltagsgeschäftigkeit in die Kirche hinein, dann bleibt alles dunkel und düster; betritt man aber aufgeschlossen den Innenraum, verwandelt er sich in eine heilige Kapelle, die vom leuchtenden Glanz ihrer strahlenden Fenster bedeutungsvoll erfüllt ist. Diese Erkenntnis, die Goethe in seinem kleinen zweistrophigen Text „Gedichte sind gemalte Fensterscheiben“ offenbart, wird zweifellos zu einem Maßstab für den richtigen Umgang mit der Kunst und für das Bemühen, sie zu verstehen.