Während Stach die Alltagswirklichkeit Kafkas durchaus gewissenhaft aufspürt, ja sogar bis in die entferntesten und völlig unergiebigen Winkel hinein verfolgt (Kriminalität des Bruders und Schürzenjägerei des Vaters von Felice Bauer), begegnet er den Kunstwerken des großen Dichters nahezu hilf- und verständnislos. Hier verharrt er in der endlosen Reihe „kafkaesker“ Verirrungen und Verwirrungen, mit denen sich die amtliche Zunft seit über 80 Jahren offensichtlich abgefunden und eingerichtet hat. Wer die dichterischen Kunstwerke Kafkas verstehen will, findet bei Stach keine Hilfe. Die geistige Welt, der verborgene Hintergrund der Dichtung, bleibt dunkel. Der Autor der Biographie verschweigt das nicht einmal und verspricht dem Leser „Finsternis, wohin man blickt“.

Im Gegensatz zu Stach spielt bei Alt das Werk des Dichters auch für seine Biographie die wesentliche Rolle. Der Prozess-Liebhaber z.B. erhält aufschlussreiche Weichenstellungen, denn „wieder hilft die Literatur, das Leben zu verstehen“, während alle umgekehrten Versuche scheitern. Dieser wesentlich schwierigere Weg setzt natürlich voraus, dass die formal-ästhetische Struktur und damit zugleich auch der Gehalt eines Werkes in angemessenem Rahmen erkannt werden konnten.

Zur Kafka-Biografie von Peter-André Alt